Eine chronologie Zusammenstellung zu Werner Pirchner sowie eine Liste aller an ihn verliehenen Preise finden Sie unter diesem Link.

Kurzbiographie

Persönliche Daten
Geboren am 13. Feber 1940 in Hall in Tirol als Sohn der Weberin Anna Pirchner und des Fuhrmanns Hermann Pirchner
Volks- und Hauptschule in Hall, Schriftsetzerlehre in Innsbruck, danach Musiker
1963 Heirat mit Elfriede Winkler
1965 Geburt der Tochter Stella
1967 Geburt der Tochter Esther
Enkelkinder: 1994, 1996 und 2000
Anfang 2001 wurde bei Werner Pirchner eine Lungenkrebserkrankung diagnostiziert, der er am 10. August 2001 erlag.

Künstlerischer Werdegang
Als Kind Akkordeon-Unterricht beim Musikschullehrer und Finanzbeamten i. R. Viktor Wondrack, später kurz Harmonielehre-Studium am Konservatorium Innsbruck bei Prof. Hans Toifl.
Werner Pirchner, der sich selbst als privilegierten Gelegenheitsarbeiter bezeichnete, war weitgehend Autodidakt. „Ich habe eigentlich nur durchs Hören gelernt.“ (W.P. in einem Interview.) So versuchte er als Kind, wenn er in den Ferien auf Besuch bei seinem Onkel Balthasar, einem Bergbauern in der Wildschönau, war, dessen Jazzplatten auf der Ziachorgel nachzuspielen.
Als Jugendlicher zuerst Tanzmusiker mit Akkordeon und Klavier, entdeckte er bald das Vibraphon, auf dem er seine musikalischen Ideen und Gefühle am besten ausdrücken konnte.
Ab 1963 trat Werner Pirchner ausschließlich als Jazzmusiker auf und komponierte für unterschiedliche Besetzungen von Jazzquartett bis Bigband. Er schrieb Musik für Kino- und Fernsehfilme (z.B. „Faces of Europe“), Dokumentarfilme (vor allem für die Filmfirmen Benesch und Hörmann in Innsbruck), für Rundfunkanstalten und Verlage (z. B. Weinberger in Wien).
Eine entscheidende musikalische Begegnung mit der Musik von J.S. Bach hatte Werner Pirchner bei einem Konzert mit Henryk Szeryng 1964 in Innsbruck: Bachs Solo-Sonaten für Violine spielte er danach auf dem Vibraphon bis zum Ende seines Lebens.
Als Virtuose am Vibraphon musizierte er mit eigenen Ensembles, im Oscar-Klein-Quartett, bei Austria Drei, in Mumelter’s Concertodrom, im Vienna Art Orchestra und von 1975 bis 1985 mit Harry Pepl als kongenialem Partner im JazzZwio, er trat auf internationalen Festivals wie Montreux, Ancona,Velden oder Saalfelden auf und spielte mit Größen der Jazzszene wie Jack DeJohnette, Lee Konitz, Leszek Zadlo, Steve Swallow, Herbert Joos und Albert Mangelsdorff.
Über theoretische Schriften, Partituren, Anhören von Tonträgern usw. erschloss sich Werner Pirchner die Welt der Kompositionen vor allem im Eigenstudium, doch er betonte auch, wie sehr sich ihm als jungem Jazzmusiker durch die vielen freundschaftlichen Gespräche mit dem Komponisten und Dokumentarfilmer Bert Breit musikalisch und politisch neue Welten eröffneten.
Ab 1981 komponierte Werner Pirchner für klassische Konzertkünstler, wie er sie liebevoll nannte. Die Initialzündung dazu kam durch Peter Lefor: „1981 stubste mich der Geiger Peter Lefor auf eine sog. „ernste“ Konzertbühne, indem er meinen Namen ungefragt auf ein Konzertprogramm neben Bach, Hindemith und Wellesz setzte.“
„In meiner Jugend orientierte ich mich an der jeweils neuesten Jazzmusik. Die Beschäftigung mit den Theorien Schönbergs und vor allem mit Bachs Sonaten für Violine solo haben mir später andere Wege des Ausdrucks eröffnet. Bis zu meinem 42. Lebensjahr hätte ich aber aus Respekt vor den größten Meistern nicht gewagt, auch nur einen Ton für ein klassisches Konzert zu schreiben. Als Komponist, Jazzmusiker und privilegierter Gelegenheitsarbeiter versuchte ich a) meine Ideen und Gefühle in mir zugänglichen Dimensionen (diverse LPs mit Kompositionen, zwei Filme, ein paar Texte und Zeichnungen u.a.m.) auszudrücken und b) das rot-schwarze Farbenspiel auf meinem Bankkonto zu beeinflussen. Eines schönen Morgens teilte mir der Geiger Peter Lefor telefonisch mit, daß er für sein nächstes ORF-Konzert ein Stück von mir für Solo-Violine auf’s Programm gesetzt hat. So betrat ich mit tastender Zehe … den Weg, den ich heute noch gehe. Ich versuche Musik zu schreiben, die ausdrückt, was ich im Augenblick denke, fühle … und bin. Oder das Gegenteil.“ (Werner Pirchner, 1997)
In den folgenden zwei Jahrzehnten schrieb er Bühnenmusik für die bedeutendsten Theater und Festspiele im deutschsprachigen Raum (z. B. Burgtheater, Bregenzer Festspiele, Salzburger Festspiele). Renommierte Musiker wie Wolfgang Schulz oder Milan Turkovic und Ensembles (Vienna Brass, Altenberg Trio u.a.) wünschten sich von ihm Kompostionen, die u.a. im Konzerthaus und Musikverein in Wien uraufgeführt wurden.
Meilensteine waren für Werner Pirchner 1973 die LP „ein halbes doppelalbum“, 1974 der Film „Der Untergang des Alpenlandes“, 1982 die Bühnenmusik zu „Kaiser Joseph und die Bahnwärterstochter“ von Fritz von Herzmanovsky-Orlando bei den Telfer Volksschauspielen, 1984 das Eröffnungskonzert „Die Neue Reihe“ im Wiener Konzerthaus, 1986 der Tiroler Landespreis für Kunst, 1987 der Deutsche Schallplattenpreis für das Doppelalbum „EU“ bei ECM, 1992 die Gründung seiner eigenen Produktionsfirma EU, 1994 das Sounddesign für den ORF-Kultursender Ö1 und von1995 bis 2001 die Musik zum „Jedermann“ von Hugo von Hofmannsthal in Salzburg.

Werner Pirchners Werke für Brass Quintett, Kammermusik und Streichorchester, Klaviertrio und viele Solo-Instrumente zählen zu den bedeutendsten Schöpfungen der Musik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Seine unorthodoxe musikalische Haltung zeigt sich in den reinen Jazzkompositionen ebenso wie in denen für seine klassischen Konzertkünstler: Musik entsteht aus dem Augenblick und gleichzeitig auf der Grundlage verlässlicher Strukturen. Auch wenn er sich des Vokabulars weltweiter Musiktradition bedient, ist immer klar: Gewachsenes ist nicht unantastbar.
Werner Pirchner wollte Stücke schreiben, die Musiker und Musikerinnen gerne spielen und die das Publikum gerne hört. Seine Kompositionen, voll von melodischen Ideen, harmonischen und rhythmischen Überraschungen, gewitzt gestaltet durch seine Sprachspiele und Zeichnungen, zeugen von seinem musikalischen Bestreben, mit der größten möglichen Präzision die größte mögliche Freiheit zu erreichen und so eine neue musikalische Sprache zu schaffen, die verständlich ist und erfreut.

Auf unserer Website finden Sie viele Texte über und von Werner Pirchner

Texte über Werner Pirchner und seine Musik
Texte von Werner Pirchner
Auf zwei davon möchten wir an dieser Stelle besonders hinweisen:

Telefongespräch mit Ella Peintner, Volksschullehrerin von Werner, 22. Juli 2002, Gedächtnisprotokoll
Als Frau Peintner an ihrem Namenstag die Klasse betritt (in der zweiten oder dritten Schulstufe), spürt sie sofort eine geheimnisvolle Atmosphäre: Die Schüler haben ein Fest für sie vorbereitet.
Sie vermutet, dass vor allem Werner dahinter steckt: Die Tafelzeichnung ist von ihm, und er spielt auf der Ziachorgel ein Geburtstagsständchen. Sie will danach nicht mehr mit ihnen in der Klasse lernen, sondern ihren Schülern mit einem kleinen Ausflug auch eine kleine Freude machen. So wandern sie über die Felder, Werner mit seiner Ziachorgel voran, und auf dem ganzen Weg spielt er ein Stück nach dem anderen, und nie dasselbe. Sie fragt ihn: „Ja, Werner, wie lang lernst du denn schon?“ Und er antwortet: „Seit Herbst.“ (= ein halbes Jahr).
Da ist ihr seine außergewöhnliche Musikalität zum ersten Mal bewusst geworden, die Begabung im Zeichnen kam dazu. Später hat sie sich selber öfter gefragt, für welche der beiden Begabungen er sich entscheiden wird, und sich gefreut, als sie hörte, es sei die Musik.
Zum Zeichnen sagt Frau Peintner noch: Wenn es damals üblich gewesen wäre, Ausstellungen zu veranstalten, von Werner hätte sie alle Zeichnungen ausgestellt, denn sie waren immer aussagekräftiger und reifer als die der anderen Kinder.
Sie schildert ihn als eher ernstes und früh reifes Kind, das sehr wach war für alles, was um ihn herum geschah.

Interview zwischen Othmar Costa und Werner Pirchner, erschienen in Heft Nr. 41 der Tiroler Kulturzeitschrift „das Fenster“ im Frühjahr 1987, bereitgestellt vom Redaktionsarchiv der Kulturzeitschrift „das Fenster“ im Forschungsinstitut Brenner-Archiv:

WP in der Volkschule, Foto: privat
WP  mit 15 Jahren, Foto: privat
WP mit 15 Jahren, Foto: privat
WP als Tinazmusiker ca. 1960, Foto: privat
WP, Heimz Cabas und Johnny Lambizzi, Eremitage Schwaz, 1975, Foto: Gert Chesi
Jazzzwio, ca 1980, Foto: Stella Pirchner
WP bei einer Probe, Foto: privat
WP bei einem Jazzkonzert in Salzburg, 1980, Foto: Helmut Frühauf
bei der Verleihung des Tiroler Landespreis‘ für Kunst: WP mit Landeshauptmannstellvertreter Dr. Fritz Prior, 3.12.1986, Foto: Sepp Hofer
WP im Ossiachersee, ca. 1984/85, Foto: Elfie Pirchner
WP und Vienna Brass vor Gustav Mahlers Komponierhäuschen in Toblach, 1994, Foto: privat
WP 1999, Foto. Nikolaus Korab
WP, 1988, Foto: Sepp Hofer